Die Ungewissheit des Lebens

Weltweit erkrankten alleine im Jahr 2020 rund 700.000 Menschen an Brustkrebs (Studie Statista 2021). Es ist die häufigste Krebserkrankung sowie auch Todesursache bei Frauen, wobei auch Männer an Brustkrebs erkranken können. Auch ich wurde Teil dieses Clubs, von dem keiner Mitglied sein möchte. Den Umgang mit der Diagnose Brustkrebs und wie die Krankheit mein Leben transformierte, teile ich in diesem Artikel.

Diagnose Brustkrebs, Mindfulness Magazine
Foto: Tanja Jäger

Mit 29 Jahren und Mutter von zwei Kindern hat mich das Leben vor eine unvorhersehbare Aufgabe gestellt: Im Mai 2019 bekam ich die Diagnose Triple-negativ Brustkrebs. Ein Krebs, der meist genetisch vererbbar ist und nicht im Zusammenhang mit den Hormonen steht. Doch in meiner Familiengeschichte kommt keine Krebserkrankung vor. Die Diagnose kam also sehr überraschend.

Alles hat an einem Abend bei einem gemütlichen Film begonnen: Eine Stimme in mir sagte, ich solle meine Brust abtasten. Daraufhin ertastete ich eine kleine Verhärtung in meiner linken Brust. Überrascht verglich ich die verhärtete Stelle mit der identischen Stelle der rechten Brust. Dort konnte ich nichts spüren. Glücklicherweise stand wenige Tage später die gynäkologische Jahreskontrolle an.

Ich versuchte ruhig zu bleiben. Tief in meinem Inneren fühlte ich mich jedoch sehr unwohl. Beim Kontrolltermin ließ ich dann meine Brust abtasten. Auch meine Frauenärztin ertastete die Verhärtung. Sofort machte sie einen Ultraschall und gab mir Entwarnung: Es handle sich um eine gutartige Zyste und ich solle mir keine Sorgen machen. Man könnte die Zyste beobachten und in drei Monaten wieder ärztlich kontrollieren lassen.

“In diesem Moment hatte ich Angst zu sterben.”

Ein starkes Gefühl in mir ließ mich nicht in Ruhe. Ich brauchte Gewissheit. Somit ließ ich eine Biopsie vornehmen, die eine längere Wartezeit nach sich zog – bis eines Tages der Anruf kam: Meine Ärztin war am Telefon und bat mich zu einem persönlichen Termin in die Praxis. Sie musste gar nicht mehr sagen, denn mir war sofort klar, dass das, was in meiner Brust zu wachsen begonnen hatte, bösartig war. Alles stand für einen Moment still. Meine Gedanken waren nur bei meinen Kindern. Zu diesem Zeitpunkt waren diese 2 und 5 Jahre alt. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass mich etwas von ihnen wegreißen könnte. In diesem Moment hatte ich Angst zu sterben.

Krebs stand für mich immer im direkten Zusammenhang mit dem Tod. Dieses Gefühl überkam mich in diesem Augenblick vollkommen. Auf ein Mal war alles anders. Was danach kam, waren unzählige Untersuche: Man testete die Art des Krebses und ob weitere Organe befallen waren. Glücklicherweise war dies nicht der Fall, da ich ihn sehr früh entdeckt habe. Zusätzlich wurde untersucht, ob ich die erste Person in meiner Familie bin, die ein Brustkrebsgen entwickelt. Auch dieser Test war negativ. Ganz zum Erstaunen meiner Ärzte, denn der Triple-negative Brustkrebs tritt meist nur bei jungen Frauen auf, die Trägerinnen dieser Gene sind. An dieser Stelle möchte ich jedoch sagen, dass immer mehr – vor allem junge Frauen – diese Art von Brustkrebs entwickeln, ohne dieses Gen in sich zu tragen.

In Kommunikation mit dem eigenen Körper

Zu Beginn der Chemotherapie hat mich die Meditation gefunden. Ich beschäftigte mich in dieser Zeit sehr stark mit der Kraft der Gedanken und der Verbindung zwischen Gedanken und Körperreaktionen. Dadurch wurde ich auf Dr. Joe Dispenza aufmerksam: Er ist Neurowissenschaftler und erforscht die Beziehung zwischen der Chemie des Gehirns, Neurophysiologie und Biologie sowie deren Bedeutung für unsere Gesundheit. Durch die Arbeit von Dr. Joe Dispenza tauchte ich immer mehr in die Materie ein, dass unsere Gedanken zu Emotionen werden und diese unserem Körper Signale senden, auf die der Körper dann reagiert.

Dr. Joe Dispenza hat genau diese Verbindung von Geist und Körper neurowissenschaftlich bewiesen, indem er unzählige Gehirnscans und HRV-Tests machte sowie Tests zur Genexpression, Immunregulation des Zellstoffwechsels und mehr. Die Ergebnisse ermöglichten ihm, eine Formel zu erstellen, die zeigt, wie wir bestimmte Zustände induzieren, vorhersagen und replizieren können und dass diese Zustände, sobald sie gelernt sind, auf immer größere Tiefen des menschlichen Potenzials angewendet werden können. Das bedeutet konkret: Wenn wir uns oft genug und aktiv damit beschäftigen, unserem Körper Signale zu senden – z. B. mittels Meditation –, der Körper auf diese induzierten Zustände reagiert und dementsprechend chemische Prozesse ausüben kann.

Die Arbeit von Dr. Joe Dispenza faszinierte mich. Somit las ich sein Buch „Becoming Supernatural“ („Werde übernatürlich: Wie gewöhnliche Menschen das Ungewöhnliche erreichen.“). Ich begann damit, seine Meditationen zu praktizieren. In diesem Buch geht es darum, sich die eigene Zukunft zu visualisieren und den Körper zu lehren, wie es sich anfühlt, diese Visualisierungen bereits zu leben.

Ich wollte nicht mehr jeden Morgen mit dem Bewusstsein aufwachen, dass ich krebskrank bin und nicht weiß, was die Zukunft bringt. Stattdessen begann ich jeden Morgen mit einer Meditation, in welcher ich den Moment visualisierte, in dem meine Ärztin mir sagt, dass ich gesund bin. Meine Vision war sehr klar und detailliert. Das Gefühl, welches sich in mir ausbreitete, wenn mir meine Ärztin diese Nachricht überbringt, war unbeschreiblich: Freude, Erleichterung, Bestätigung, Glückseligkeit und das Gefühl, mein Ziel erreicht zu haben. Jeden Morgen startete ich meinen Tag mit diesem Bewusstsein, dass ich es geschafft habe und vollkommen gesund bin. Mit diesem Gefühl meisterte ich die Hürden des Alltages einer Krebspatientin inmitten der Chemotherapie. Alles was ich durchleben musste, war ein Schritt auf dem Weg, meine Vision Wirklichkeit werden zu lassen. Doch in meinen Augen und vor allem in meinen Gefühlen war ich bereits gesund.

Natürlich schlichen sich immer wieder Ängste und Unsicherheiten ein. Die Therapie war für mich eine sehr schwere Zeit. Es gab immer wieder kleine oder auch größere Rückschläge: Unter anderem zeigte mein Körper im Laufe der Therapie eine allergische Reaktion auf ein Medikament, worauf ich zusätzlich an einer Lungenentzündung erkrankte und anschliessend über eine längere Zeit im Krankenhaus verbrachte. Trotz allem lernte ich, mich der Ungewissheit des Lebens zu ergeben und Vertrauen in mich, meinen Körper und meine Genesung zu haben. Ich unterstützte meinen Körper in diesem Prozess so gut ich konnte. Neben der Meditation habe ich meine Ernährung umgestellt und mich weiterhin sportlich fit gehalten. Doch es war vor allem die Meditation, die mir dabei geholfen hat, in Kontakt mit meinem Körper zu treten, mit ihm zu kommunizieren sowie Ruhe und Vertrauen zu finden, dass ich auf dem richtigen Weg bin.

Um noch etwas genauer auf die Kommunikation mit dem Körper einzugehen, möchte ich eine meiner persönlichen Erfahrungen teilen: Während einer Chemotherapie werden auch die sogenannten weißen Blutkörper angegriffen und oft führt dies dazu, dass die Anzahl dieser zu tief ist. Dies wirkt sich negativ auf das Immunsystem aus und kann auch dazu führen, dass man einige Chemotherapie-Termine zeitlich nach hinten schieben muss. Ich habe mich in den bereits erwähnten Meditationen also auch auf die Herstellung von weißen Blutkörpern bezogen. Konkret habe ich versucht, meinem Rückenmark zu signalisieren, mehr weiße Blutkörper herzustellen – auch auf der Basis der neurowissenschaftlichen Arbeit von Dr. Joe Dispenza. Mittels der Visualisierung, wie die Blutkörper in meinem Rückenmark hergestellt werden und der Emotion, welche ich fühlen werde, wenn dies der Fall ist.

Es bleibt jedem selbst überlassen, was man von dieser Erfahrung halten möchte, doch während der wöchentlichen Blutuntersuchungen im Krankenhaus hatte ich jedes Mal sehr gute Blutwerte. Meine Anzahl an weißen Blutkörperchen war sogar zu hoch.

Die Kraft unserer Gedanken, Emotionen und Visionen sollte meiner Meinung nach nicht unterschätzt werden. Sie basiert auf einem ganz einfachen Gesetz, da der Körper nicht unterscheiden kann, ob wir uns etwas nur gedanklich vorstellen oder ob es gerade tatsächlich passiert. Auch wenn es nur in unseren Gedanken geschieht, nimmt der Körper es als real war und dementsprechend löst er Reaktionen sowie auch chemische Prozesse im Körper aus.

“Innere Ruhe und Stärke sind nur ein paar tiefe Atemzüge entfernt.”

In der Zeit meiner Erkrankung durfte ich lernen, was es bedeutet, sich den Ungewissheiten des Lebens hinzugeben und mich in Akzeptanz üben. Darüber hinaus habe ich neues Vertrauen geschöpft, auf meine Intuition zu hören und gelernt, wie ich mit meinem Körper kommunizieren kann und die Signale, die mein Körper mir schickt, zu hören und richtig zu deuten. Ich habe eine tiefere Verbindung zu mir selbst aufgebaut und das Bewusstsein erlangt, dass mein Körper wie jeder andere Körper die Fähigkeit hat, den Genesungsprozess eigenständig zu unterstützen, wenn man ihm zuhört und dabei unterstützt.

Dieses Wissen, welches ich durch meine persönliche Erfahrung erlangt habe, möchte ich den Menschen mit auf den Weg geben. Im letzten Jahr habe ich mich zur Meditationslehrerin und Mindset Coach ausbilden lassen, um Menschen dabei zu helfen, sich der Kraft ihrer Gedanken bewusst zu werden. Ich möchte sie auf dem Weg zu sich selbst unterstützen und ihnen Mut machen. Egal welche Aufgabe das Leben für uns hat, man findet einen Weg, damit umzugehen, denn innere Ruhe und Stärke sind nur ein paar tiefe Atemzüge entfernt.

„You are the sky. Everything else is just the weather“ – Pema Chödrön

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