Die Kunst der Genügsamkeit

Immer mehr Menschen beschleicht das Gefühl einer allgemeinen Überforderung. Warum ist das so? Eigentlich liegt es klar auf Hand und doch ist es für uns oft schwer zu erkennen. Ein Einblick in die Kunst des einfachen Lebens.

Die Kunst des einfachen Lebens - Mindfulness Magazine

Wäre es nicht schön, sich an einem sonnigen Tag über Mittag eine Stunde Zeit zu nehmen, sich auf eine Parkbank zu setzen und das herrliche Wetter zu geniessen? Zu beobachten, wie die Sonne im Gesicht kitzelt? Sich dem Moment hingeben und sacken lassen, dass das Leben schön ist, so wie es ist. Mit all seinen Tücken.

Wo laufen wir hin?

Aus meiner Erfahrung nehmen wir uns viel zu selten die Zeit, die Genügsamkeit walten zu lassen. Mehr noch, es scheint so, als ob uns diese wegläuft. In einem ähnlich hohen Tempo, wie auch wir oftmals weglaufen. Oder hinlaufen? Oder nachlaufen? Denn schliesslich wurden wir geprägt, nach dem Schneller-Weiter-Höher-Prinzip zu handeln. Stossen wir dann irgendwann nicht an unsere Grenzen? Das Rennen nach dem erfüllten Leben? Ist es das, was wir anstreben? Wir wollten schon früh Karriere machen, eigenes Geld haben, um uns alles leisten zu können. Und nun? Eigentlich ist es nicht sehr erfüllend, alles sofort zu kaufen, was uns im Augenblick glücklich zu machen scheint. Oftmals landen wir im Wettkampf gegen uns selbst - noch mehr, noch ausgefallener, noch optimierter.

Wo hängt unsere Messlatte?

Der deutsche Soziologieprofessor und Buchautor Meinhard Miegel hat vor dieser Entwicklung bereits vor fünf Jahren gewarnt. Immer mehr Menschen beschleicht das Gefühl einer allgemeinen Überforderung. Eine immer komplexer werdende Welt, in der bald alle und alles miteinander vernetzt sind und im Livemodus aufdatiert ist, wächst uns über den Kopf. Der überall verheissene Zeit- und Bequemlichkeitsgewinn dank Digitalisierung wird durch das irrwitzige Tempo des Wandels sofort wieder weggefressen. Und der utopische Alles-ist-jedem-möglich-Anspruch ans eigene Leben wird zur Messlatte. An der wir nur scheitern können. Nicht nur an uns selbst, sondern auch im sozialen Umgang und der Beziehung zu unserem Planeten. So bringt es das Vorwort eines Newsletter des Beobachter Magazins auf den Punkt.

Einfach leben mit Genuss

Doch Meinhard Miegel plädiert für einen radikalen Paradigmenwechsel. Weniger von allem kann auch mehr vom Leben sein. Das richtige Mass finden zwischen dem, was genug ist und was zu viel ist. Die Genügsamkeit wieder einladen mit all ihren Sinnen. Sich in dem üben, was massvoll ist. Sich Zeit gönnen. Und vor allem das Leben einfach leben.

Manchmal ist das leichter gesagt als getan. Denn schliesslich haben wir Verpflichtungen und Verantwortungen. Einhergehend mit der Aussage: "Aber ich muss doch". Müssen wir wirklich? Manchmal lautet die Antwort "ja". Und manchmal ist da eine kleine subtile Stimme, die sagt: "Also eigentlich muss ich nicht." Es wirkt befreiend, nicht mehr Marionette des Konsums sein zu müssen. Kleine befreiende Momente, die sehr gewinnbringend sind, für ein einfaches Leben mit Genuss.

Und schliesslich setze ich mich auf die Parkbank und erfreue mich an der Sonne, wie sie heute in mein Leben scheint.