Wenn ich anderen Menschen davon berichte, dass ich zu einem grossen Teil gesund lebe, stosse ich oft auf Widerstand. Entweder erhalte ich gleich die Rückmeldung, dass ich dafür bestimmt auf einiges verzichten muss oder, dass ich höchstwahrscheinlich sehr lange benötigt habe, um das für mich in meinem Leben so umzusetzen. Viele verbinden damit eine radikale Veränderung des eigenen Lebensstils. Sieht so ein gesundes Leben aus? Welche Aspekte gehören wirklich dazu und darf es auch einfach sein? Unter anderem spreche ich darüber im Interview mit Dr. Janna Scharfenberg.
Aus meiner Erfahrung heraus, wird Gesundheit oft auf eine gesunde Ernährung, die nur aus Gemüse und Obst besteht und übermässig viel Sport reduziert. Wenn ich daraufhin diesen Menschen erwidere, dass ich auf nichts verzichten muss und es eigentlich gar nicht so schwierig ist, ein gesundes Leben zu führen und dass das jeder für sich selbst im Alltag einfach gestalten kann, verbreitet sich im Gespräch gleich Erleichterung und ein grosses Interesse für das Thema Gesundheit.
Trotzdem muss ich sagen, dass die Informationsflut zum Thema Gesundheit in den Medien und sozialen Netzwerken leicht überfordern kann und die Gesundheitsangebote und vermeintlichen Trends in den letzten Jahren stark zugenommen haben. Ich verstehe, wenn man da den Überblick verliert. Im Mindfulness Magazine wollen wir die Themen auf Einfachheit und Klarheit reduzieren. Ein gesundes Leben darf auch einfach sein. Das beweist die liebe Dr. Janna Scharfenberg, die mit ihren Ressourcen on- und offline zeigt, wie einfach gesund sein kann. Im Interview erfahrt ihr mehr über Janna und wie es möglich ist, sich ein gesundes Leben selbst zu gestalten, so dass es in den eigenen Alltag passt.
Liebe Janna. Danke für deine Offenheit, unseren LeserInnen die Thematik auf deine leichte und einfache Art näher zu bringen. Für die, welche dich noch nicht kennen: stell dich und deine Arbeit doch bitte einmal kurz vor:
Vielen herzlichen Dank für die Einladung, liebe Katharina. Ich bin Janna, prakt. Ärztin, Ayurveda Expertin, Yogalehrerin, Autorin, Ernährungscoach und Unternehmerin. Zusätzlich bin ich Mama von zwei kleinen Töchtern und lebe mit meiner Familie in Zürich.
Ich habe vor einigen Jahren mein eigenes Gesundheitsunternehmen gegründet und unterstütze Menschen dabei, ganz einfach gesund zu leben. Zusätzlich bilde ich GesundheitsexpertInnen im Ayurveda aus und weiter. Ich arbeite nahezu vollständig online, so dass Interessierte von überall teilnehmen können.
Ich verfolge deine Kanäle ja schon ein paar Jahre und war bereits Schülerin bei dir. Mich begeistert, wie du die Themen so klar herunterbrichst, dass jeder für sich im Alltag einen Weg finden kann, Gesundheit zu integrieren. Vllt. definieren wir den Begriff noch einmal neu. Was bedeutet Gesundheit für dich?
Gesundheit bedeutet für mich, dass mein Körper nicht nur „funktioniert“, sondern ich mich rundum wohlfühle, voller Energie bin und Freude an meinem Leben habe. Das bedeutet, dass Körper, Geist und Seele in Einklang sind und ich mich auf allen Ebenen genährt und vital fühle.
Wie stehst du zu all den Gesundheitstrends, die sich seit den letzten Jahren entwickelt haben?
Ich finde sie grundsätzlich sehr spannend, denn ein Trend bedeutet ja immer auch, dass etwas für eine breitere Masse in der Gesellschaft zugänglich wird. Daher finde ich es positiv, dass Gesundheit und vor allem auch Prävention immer mehr in den Fokus rücken. Natürlich muss man bei Trends auch immer genau hinsehen, denn wenn sie stark in den Mainstream geraten, kann die grundsätzliche Intention verloren gehen. Ein Beispiel: Grüne Smoothies bestehen in ihrer Grundidee aus frischen Wildkräutern und kaum Früchten (und somit Fruchtzucker), sind frisch zubereitet und haben damit eine enorme Power. Diese sind natürlich nicht zu vergleichen mit Smoothies, die wir heute überall im Supermarkt kaufen können und welche im Endeffekt eigentlich eingedickter Fruchtsaft sind.
Ich habe in der Einleitung geschrieben, dass viele das Thema auf Ernährung und Sport reduzieren. Gesundheit ist jedoch so viel mehr. Welche Aspekte gehören deiner Meinung nach dazu?
Letztendlich spielt alles, was unser Leben ausmacht mit in die Gesundheit hinein. Das ist neben der erwähnten Ernährung und Sport auch Entspannung, ausreichend Schlaf, Meditation, Zufriedenheit in der Beziehung oder im Beruf. Natürlich lassen sich hier noch viel mehr Aspekte finden, die sehr individuell sind, aber nicht minder wichtig. Ich kann mich noch so gut ernähren, aber wenn ich sehr unglücklich in meinem Leben bin, wird mich das nicht unbedingt gesund und vor allem erfüllt und zufrieden machen.
Muss ein gesundes Leben aus all diesen Facetten bestehen, damit man gesund lebt und bleibt?
Ein „muss“ gibt es aus meiner Sicht nicht. Wir sind als Menschen dynamische Wesen und es ist wichtig, dass wir uns bewusst machen, dass wir all diese Aspekte bei einer ganzheitlichen Gesundheit berücksichtigen dürfen. Je nachdem, was gerade in unserem Leben los ist, braucht es mal mehr Fokus auf die Ernährung, mal mehr Schlaf oder Bewegung. Letztendlich geht es immer um die Balance.
Bei Umfragen auf meinen Kanälen, habe ich oft die Antwort gehört, dass man sich selbst im Weg steht, gesünder zu leben und gar nicht weiss, wie und wo man überhaupt anfangen soll. Ohne jetzt viele Tipps aufzulisten: was ist das Geheimnis, damit man hier einen passenden Weg für sich findet?
Weniger ist mehr. Häufig versuchen wir alles auf einmal zu verändern und verlieren uns dann bei der Umsetzung. Das können wir ganz gut bei Neujahrsvorsätzen beobachten. Diese halten wir für ein paar Tage oder Wochen durch und dann fallen wir wieder in alte Muster zurück. Je weniger wir uns also als Vorsatz nehmen, desto mehr können wir uns auch auf die Umsetzung fokussieren.
Zusätzlich ist es unglaublich wichtig, auf sich selbst zu hören. Was tut mir wirklich gut? Was brauche ich wirklich? Und das kann etwas ganz anderes sein als der neueste Diättrend, der vielleicht propagiert.
Wieso ist der Grossteil unserer Gesellschaft noch immer so eingestellt, dass Gesundheit so schwer und kompliziert sein muss und mit Verzicht verbunden wird?
Ich glaube der Hauptgrund dafür ist, dass wir meistens nie so wirklich etwas über unsere eigene Gesundheit lernen. Weder in der Schule und auch oftmals von unseren Eltern nicht. Daher haben wir häufig keinen richtigen Zugang zu dem, was uns gut tut und was wir wirklich brauchen. Daher gehen wir meist sehr verkopft an das Thema heran. Auf der anderen Seite haben wir eine unfassbar grosse Zahl an verschiedenen Gesundheitstrends, welche teilweise wirklich sehr schwierig und komplex aufgebaut sind. Das macht das ganze Thema für uns sehr schwer.
Mir stellt sich persönlich die Frage: Wie ist Gesundheit eigentlich so in Verruf geraten? Wenn ich mich an die Steinzeit zurück erinnere, da wurde sich viel bewegt, Beeren gesammelt, Fleisch nur, wenn es das auf der Jagd gab, gefischt und Kräuter aus dem Wald gegessen.
Das hat unser moderner Lebensstil und vor allem auch die Attribute, welche wir gesellschaftlich als erstrebenswert finden, mit sich gebracht. Wir sitzen viel, halten uns wenig im Freien auf und essen Lebensmittel, welche hoch verarbeitet und schnell zugänglich sind. Dies ist sehr weit von der von dir beschriebenen Zeit entfernt, unser Körper und Stoffwechsel ist auf diesen Wandel aber nicht ganz eingestellt. Daher laufen eine natürliche, gesunde Ernährung sowie viel Bewegung nicht mehr automatisch im Alltag mit (oder sind sogar überlebensnotwendig), sondern bedürfen einer gewissen Anstrengung, diese aktiv in den Alltag zu integrieren. Das empfinden viele Menschen als anstrengend und mühselig.
Liebe Janna. Speziell zu dir: Du bist Ärztin und Ayurveda Medizinerin. Du bringst beide Aspekte so zusammen, dass sie in unsere einfache westliche Welt passen. Ich selbst habe ein paar einfache schöne Aspekte aus dem Ayurveda in meinen Alltag integriert und sie tun mir gut. Für unsere LeserInnen: Was ist Ayurveda?
Ayurveda ist die traditionelle, indische Medizin und bedeutet so viel wie die Wissenschaft des Lebens. Es handelt sich dabei um ein umfassendes Lebenskonzept, welches sehr präventiv ist und jeden individuell in seiner/ihrer Gesundheit unterstützt. Neben Lebensstilfaktoren (Yoga, Mediation, etc.), stehen eine gesunde Ernährung, reinigende Verfahren und unterstützende Kräuter im Mittelpunkt.
Ist es möglich, den Ayurveda mit unserer Gesellschaft zu vereinbaren und sozusagen zu „verwestlichen“?
Absolut. Nur so kann der Ayurveda für uns „funktionieren“. Denn es geht darum, die Empfehlungen in unser Leben zu integrieren und nicht uns selbst so zu verbiegen, dass wir versuchen alles krampfhaft umzusetzen. Wir können beispielsweise ganz einfach die Ernährung anpassen in dem wir morgens warm essen, über den Tag verteilt warmes Wasser trinken und zwischen den Mahlzeiten Pausen machen. Das sind nur wenige Möglichkeiten, die aber schon ganz viele positive Effekte für die Gesundheit mit sich bringen.
Hand aufs Herz. Wie schaffst du es als Unternehmerin, Mutter und Partnerin all die alltäglichen Herausforderungen zu meistern, diese vielen Dinge unter einen Hut zu bringen und auch noch gesund zu leben?
Ich versuche so viel wie möglich im Hier und Jetzt zu sein und mich voll auf das zu konzentrieren, was ich gerade mache. Wenn ich mit den Kids unterwegs bin, mache ich das. Wenn ich arbeite, dann arbeite ich. Um alles gut zu vereinen, braucht es natürlich auch immer Planung und eine gute Vorbereitung. Zusätzlich sind mein Mann und ich beide stark in die Betreuung der Kinder involviert und er übernimmt 50%.
Und wie findest du trotz all dem noch Zeit für dich alleine?
Die ist tatsächlich mit zwei sehr kleinen Kindern etwas rar. Ich versuche mir keine Abendtermine zu machen, so dass ich die Abendstunden, wenn die Kinder im Bett sind, für mich nutzen kann. Meistens mache ich dann ganz konsequent meinen Laptop zu, das Handy aus und praktiziere Yoga oder lese ein Buch. Das klappt häufig gut, aber manchmal kommt es auch etwas kurz. Dann versuche ich zwischendurch am Tag kleine Pausen einzulegen, beispielsweise mit einer kleinen Yoga Nidra Einheit, einem Spaziergang oder einfach mal ein paar tiefen Atemzügen.
Janna persönlich in drei Worten:
Unkompliziert, pragmatisch, herzlich
Dein persönliches Lieblingszitat:
"Be here now" - Ram Dass
Liebe Janna. Ganz herzlichen Dank für das sehr wertvolle Interview. Ich bin davon überzeugt, dass es einige Menschen inspirieren wird und ihnen vielleicht auch diesen "grossen Berg" vor Augen nimmt, wenn es heisst, mehr Gesundheit in das eigene Leben zu integrieren. Denn im Grunde kann das jeder ganz einfach für sich selbst gestalten. Im eigenen Tempo, auf das eigene Leben angepasst, mit Freude und Leichtigkeit. Mehr über Janna und ihre Arbeit: drjannascharfenberg.com.
Katharina ist Gründerin des Magazins. Sie hat Digital-Design und Interactive Marketing in Berlin und Köln studiert. Seit fast 13 Jahren arbeitet sie als selbständige Fotografin und Marketing Managerin für grosse und kleine internationale Unternehmen. Aufgrund ihrer Passion für Gesundheitsthemen hat sie vor mehreren Jahren zusätzlich eine Ausbildung zur Yogalehrerin absolviert. Das Mindfulness Magazine rundet ihre Passion für diese Themen ab. “Unsere immer komplexer und schneller werdende Welt, stellt sich als Herausforderung für Mensch und Umwelt dar. Mit dem Magazin möchte ich, dass wir inspirieren und einen Beitrag leisten für ein einfacheres Leben.”