Fördern neue Technologien unsere Gesundheit?

Vor Kurzem habe ich im Internet eine Anzeige für eine neue Fitnessuhr entdeckt. Elegantes Design und viele hilfreiche Funktionen, um meine Gesundheit zu überwachen und zu verbessern. Sie würde mir sagen, wenn ich nicht genug Wasser getrunken habe, ob ich gut geschlafen habe und ob ich gerade gestresst bin. Sofort kam ein Verlangen in mir auf, ein Gefühl, als müsste ich diese Uhr unbedingt in diesem Moment haben. Ich sah mich schon vor meinem geistigen Auge rundum gesund und entspannt, dank meines neuen Helfers.

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Nachdem ich dem ersten Kauf-Impuls widerstehen konnte, ging ich ins Bad. Beim gedankenverlorenen Zähneputzen kam mir dann aber plötzlich etwas in den Sinn, das mein vorheriges Verlangen entspannte: Wenn ich in Zukunft nur noch dank meiner Uhr weiss, ob ich gestresst, müde oder dehydriert bin, was passiert dann mit meiner inneren Stimme? Haben wir nicht alle eine innere Uhr, die uns ganz genau sagt, was wir gerade brauchen? Wenn ich nicht mehr auf mich selbst höre, sondern nur noch der Technik vertraue, dann wird diese Stimme vielleicht mit der Zeit immer leiser und ich verlerne, sie zu hören.

Gesundheitsförderung mit Hilfe von Apps steht hoch im Kurs

Im Jahr 2018 wurde dreimal mehr Geld für Gesundheits- und Meditations-Apps ausgegeben als noch 2016, schreibt t-online.de. Gerade seit dem Ausbruch von COVID-19 ist Gesundheit noch einmal mehr in aller Munde und wird sicher in den kommenden Monaten noch grössere Wichtigkeit erlangen. Vielen von uns wurde durch dieses Ereignis mal wieder unsere eigene Sterblichkeit bewusst und wir versuchen nun alles, um so lange wie möglich gesund und fit zu bleiben.

Grundsätzlich ist es ja eine wünschenswerte Entwicklung, wenn Menschen sich immer mehr mit ihrer Gesundheit und ihrem Wohlbefinden befassen und diese an Priorität im Leben gewinnt. Digitale Geräte können unsere Gesundheit und vor allem auch die Vorsorge extrem unterstützen. Unter dem Begriff „E-Health“ versteht man die Anwendung von elektronischen Technologien im Gesundheitsbereich, wie Informations- und Kommunikationstechnologien. Gezielte Überwachung und Datenauswertung, aber auch beispielsweise virtuelle Sprechstunden können bei der Vorsorge eine grosse Unterstützung sein. Vertrauen wir jedoch zu stark auf die digitale Welt und können wir nur noch gesund leben, wenn unsere Uhr uns dies sagt oder nur noch entspannen, wenn die gewohnte Meditationsstimme in unserem Ohr ertönt? Verlieren wir damit nicht zwangsläufig das eigene Körpergefühl und geben die Verantwortung für unsere Gesundheit in die Hände eines technischen Gerätes ab?

Ein anderer Aspekt, der zur kritischen Auseinandersetzung mit diesen Helfern inspirieren kann, ist ein Artikel von spiegel.de. Er berichtet von Studien, die den Anstieg unseres Stresslevels aufzeigen, je mehr wir Mobiltelefone und Apps benutzen. Durch den ständigen Input kommen wir kaum mehr zur Entspannung und neue Benachrichtigungen lassen uns immer wieder einen kleinen aufregenden Hormoncocktail geniessen. Wie steht es aber dann um unser Stresslevel, wenn wir technische Geräte oder Apps für unsere Gesundheit und Entspannung verwenden? Stresst uns dann das Gerät so lange, bis uns dessen Anzeige daran erinnert mal wieder zu entspannen?

Gesundheit ohne digitale Helfer

Ein wunderbarer Beitrag vom Bayrischen Rundfunk hat vor Kurzem einen Landwirt durch seinen Tag begleitet. Er lebt einfach entspannt Tag ein, Tag aus und weiss selbst nicht, dass viele andere Menschen hierzu eine Fitnessuhr oder App benutzen. Ob er bei seinen Kühen ist und diese füttert, mit seiner Familie entspannt zu Mittag isst oder danach einfach mal eine Pause auf seiner Bank macht und einfach Nichts tut, er scheint dafür keine digitalen Helfer zu brauchen, nicht einmal eine bestimmte Zeit. Entspannung. Gesundheit und Wohlbefinden können also Teil des Lebens sein, ohne sich darüber gross Gedanken zu machen, sie zu beobachten oder zu optimieren.

Für die anderen von uns, bei denen der Tag aus Meetings besteht, die Mahlzeiten schnell und hastig gegessen werden und wir kaum genügend Zeit haben um all die Dinge zu erledigen, die wir uns vorgenommen haben, ist der Griff zu digitalen Geräten möglicherweise eine gute Unterstützung. Brauchen würden wir sie vielleicht nicht, hätten wir einen Alltag, wie der Landwirt aus dem Beitrag des Bayrischen Rundfunks. Doch wie realistisch ist dies in der heutigen Welt?

 

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