Wenn der Mond die Meere bewegt, was können die Sterne?

Die Astrologie ist ein umstrittenes Thema. Wir beleuchten das Thema unter anderem von einem wissenschaftlichen Standpunkt und befragen Sheila Pümpin aus Zürich zu ihrer Arbeit als Astrologin. Im Gespräch berichtet Sheila von ihren Erfahrungen und gibt interessante Einblicke in die Welt der Himmelskörper.

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Foto: Anderson Rian

Liebe Sheila. Was möchtest du bezüglich der großen Skepsis, die zu diesem Thema in unserer Gesellschaft definitiv vorherrscht, gleich vorweg erwähnen?

Natürlich verstehe ich Skeptiker und ihre Bedenken. Jedoch war die Astrologie jahrhundertelang eine universitär erlernbare Wissenschaft und nicht ein System, welches einen bestimmten Glauben an Feinstoffliches benötigte. Das grundsätzliche Tool, die Erstellung des Horoskopes, steht auf mathematischen und physikalischen Grundpfeilern, und lediglich die Interpretation und Deutung des Feldes ist bis zu einem gewissen Grad subjektiv.

Wie bist du zur Astrologie gekommen?

Die Astrologie begeisterte mich schon als Kind und so lernte ich nach und nach die Symbole und Bedeutungen der Planeten kennen. Als ich dann 2012 nicht genau wusste, wohin mein Weg mich führen sollte, hatte ich meine erste astrologische Beratung, welche mich absolut begeisterte. Während meiner ersten Indienreise in 2017 lernte ich die vedische Astrologie kennen, also die indische Form, und war absolut fasziniert von dieser Art der Astrologie. Obwohl ich nur oberflächliches Wissen besaß, merkte ich sehr schnell, wie präzise selbst dieses Grundwissen der vedischen Astrologie deutete und so entschied ich mich, eine vertieftere Ausbildung zu machen.

Kannst du uns grob erläutern, was die vedische Astrologie ausmacht, beziehungsweise, was sie von der diejenigen des Westens unterscheidet?

Bei den beiden astrologischen Systemen wird eine unterschiedliche Berechnung des Tierkreises verwendet, was das Horoskop einer Person mehr oder minder beeinflusst. Ein weiterer, sehr wichtiger Unterschied sind die Betrachtungsweise von Sonne und Mond. Die westliche Astrologie schreibt der Sonne mehr Wichtigkeit zu, die vedische dem Mond. Die Sonne repräsentiert unseren Körper, während der Mond unsere Emotionen darstellt.

Mit welchen Techniken arbeitest du, wenn du als Astrologin unterwegs bist?

Mein hauptsächliches Tool sind die Techniken der vedischen Astrologie, welche enorm umfangreich sind. Dazu gehören die Muhurtas und das Prashna. Ein Muhurtas ist das Berechnen vom idealen Zeitpunkt für ein bestimmtes Ereignis, wie zum Beispiel der Bau eines Eigenheims. Das Prashna ist ein Fragehoroskop, bei dem eine konkrete Frage seitens der KundInnen gestellt wird. In dem Moment, in welchem die Frage den/die Astrologen/Astrologin erreicht, erstellt er/sie ein vedisches Horoskop und "liest" die Antwort dort heraus.
Daneben nutze ich unter anderem Elemente aus dem Mindset-Coaching und arbeite mit Meditationen, Atemtechniken oder Yoga. Damit möchte ich meine Klientinnen und Klienten zu mehr Selbstvertrauen, Achtsamkeit und Dankbarkeit verhelfen.

Der wissenschaftliche Aspekt ist uns im Mindfulness Magazine immer sehr wichtig. Welche Berührungspunkte haben Astrologie und Astronomie?

Vor der Aufklärung im 18. Jahrhundert gab es kaum einen Unterschied zwischen Astrologie und Astronomie. Damals war es sogar möglich, Astrologie an der Universität in Paris oder Oxford zu studieren. Die Aufklärung hatte die Idee, die Natur zu erforschen und dass nur jenes als wahr angenommen werden kann, was experimentell beweisbar ist. Sie verdrängte die Astrologie daher in die "HokusPokus-Ecke" und die Astronomie formte sich. An und für sich sind die hauptsächlichen Berührungspunkte aber natürlicherweise das Erforschen der Planeten unseres Sonnensystems, die Astronomie auf wissenschaftlicher, physischer, chemischer Daten- und Erklärungslage und die Astrologie auf feinstofflicher, mythologischer und energetischer Ebene.

Die Astrologie fundiert also sehr wohl auf Daten, die als wissenschaftlich deklariert sind. Welche Aspekte der Astrologie gelten als wissenschaftlich bewiesen?

Gerade die Relativitätstheorie und die Raumkrümmung von Einstein zeigen eine Verbundenheit. Durch die Gravitation, die Anziehungskraft der Sonne, ist die Laufbahn der Planeten um die Sonne überhaupt erst möglich. Diese Kraft ist nicht sichtbar und dennoch sehr real. Wir haben also eine unsichtbare, nicht fassbare Energie, welche uns dennoch so stark beeinflusst, dass sie überhaupt erst Leben möglich macht. Dies lässt im physikalischen Sinne die Diskussion der astrologischen Ansichten zu, denn auch dort wirken Energien, welche zwar unsichtbar sind, aber ganz klar wirken, wie die Beeinflussung des Mondes auf die Erde zeigt. Zudem wird das Horoskop wissenschaftlich, sprich aus mathematischen Berechnungen erstellt durch das Wissen der Astronomie.

Skeptiker würden jetzt einwerfen, dass aber die Bedeutung, die die Astrologie diesen wissenschaftlichen Berechnungen zuschreibt, keinen wissenschaftlichen Grundsatz hat. Was sagst du dazu und weshalb hat sie trotzdem eine Relevanz?

Natürlich kann die Bedeutung und Interpretation der Planeten nicht wissenschaftlich erklärt werden. Die Astrologie ist die Deutung von Zeichen und Zusammenhängen im jeweiligen Horoskop der Person. 
Dazu möchte ich gerne einen Gedankengang anstoßen: Alles, was als wissenschaftlich deklariert wird, baut auf Prämissen auf. Nur weil jemand mal gesagt hat "Das ist ein Meter" und diese Länge definiert hat, können wir heute wissenschaftlich den Abstand der Erde zur Sonne berechnen. Was ich damit sagen möchte, jeder wissenschaftlichen Erkenntnis liegt ganz am Anfang eine Annahme zugrunde. Wenn wir nun wissen, dass der Mond die Erde beeinflusst und beispielsweise die Monde von Jupiter ihn beeinflussen, wieso das nicht als Mikrokosmos sehen und in einer Sicht auf den Makrokosmos erlauben, dass es gewisse Beeinflussungen der anderen Planeten auf die Erde, den Menschen und die anderen Lebewesen gibt?

Wenn wir gerade von den Himmelskörpern sprechen. Die Planeten sind ja nicht dort, wo wir sie als Sterne sehen, weil das Licht erst viel später bei uns ankommt. Wie geht die Astrologie damit um?

Das Horoskop in der Astrologie ist ein mathematisch berechneter Zustand der Anordnung der Planeten zum Zeitpunkt der Geburt. Es hat daher nichts mit der visuellen Wahrnehmung der Planeten von der Erde aus zu tun. Diese Abweichung wird bei der Berechnung beachtet.

Weshalb sind die Auswirkungen des Mondes genauer wissenschaftlich erkundet als diejenigen der anderen Himmelskörper?

Der Mond liegt vergleichsweise sehr nah an der Erde und ist daher einfacher wissenschaftlich zu erforschen. Denn wenn etwas als wissenschaftlich bewahrheitet werden soll, muss es experimentell beweisbar sein. Daher ist diese Begriffsdefinition für weit entfernte Planeten sehr schwer zu erfüllen. Ihre Eigenschaften und Strukturen können nur schwer erforscht werden, solange uns die technischen Mittel fehlen. Deswegen glüht ein Stern und sendet dieses Licht ins All, was uns allgemein als Tageslicht bekannt ist.

Vielen Dank für diesen Exkurs in die Wissenschaft. Kommen wir zurück zu der Praxis. Woran erkenne ich eine seriöse Publikation der Astrologie?

Seriöse Publikationen im Bereich der Astrologie haben für mich ein wichtiges Merkmal: Die Deutung wird Schritt für Schritt erklärt und dadurch nachvollziehbar. Denn was leider häufig passiert ist, dass Astrologen ihre Weltanschauung und ihre Meinung in das Horoskop hineinsehen und dementsprechend interpretieren. Natürlich ist jede Deutung immer mit einer gewissen Subjektivität behaftet, aber gerade in Publikationen sollte meiner Meinung nach der Fokus auf der Nachvollziehbarkeit stehen.

Eine Frage, bei welcher ich gerne mich selbst als Beispiel verwenden möchte: Mein Sternzeichen ist «Löwe» und ich erkenne oft, dass ich die typischen Eigenschaften tatsächlich lebe. Wie kann man sich das ganz rational erklären? Ist es wirklich die Konstellation der Himmelskörper bei meiner Geburt oder spielen auch andere Faktoren mit wie z. B. die Tatsache, dass mir immer wieder gesagt wird, welche Eigenschaften Löwen haben?

Sehr spannende Frage und wenn ich das so sagen darf, häufig wird hierbei das Pferd von hinten aufgezäumt. Wir vergessen bei Horoskopen oft etwas ganz Essenzielles: Die Astrologie wurde nicht "geboren", um eine Person in ihrem Verhalten oder ihrem Charakter zu erklären. Die Astrologie und ganz besonders die vedische Astrologie möchte uns vielmehr eine Art Lebensweg aufzeigen. Natürlich können wir dadurch auch sehen, welche Eigenschaften oder Talente jemand mitbringt, aber zurück zur Frage: Da solche Verhaltensweisen häufig bereits als Kind zu beobachten sind, ist es weniger rational erklärbar. Besonders, wenn ich den Anspruch stelle, dass die Erklärung dazu rein wissenschaftlich geschehen muss. Generell lässt sich sagen, dass das bloße Ansehen des Sternzeichens absolut unzulänglich ist, denn sonst würden alle Menschen, welche in denselben 30 Tagen geboren wären, genau die gleichen Eigenschaften besitzen. So kann es aber sein, dass deine Sonne im Horoskop sehr dominant auf dich wirkt, also sprich die Energie der Sonne und du dich deshalb wie ein "typischer" Löwe verhältst. Aber wir sind immer eine Mischung von neun unterschiedlichen Planeten, nicht nur der Sonne, weshalb manche Menschen sich vielleicht nicht so stark als Löwen identifizieren, obwohl sie im Sternzeichen Löwe sind.

Herzlichen Dank für diese interessanten Ausführungen. Ich möchte gerne noch etwas über dich erfahren: Was ist das Unglaublichste, was dir in der Astrologie begegnet ist?

Ganz zu Beginn meiner astrologischen Tätigkeit hielt ich eine Beratung für eine Freundin. Unter anderem fand ich in ihrem Horoskop immer wieder den Hinweis auf ein Problem in ihrem linken Auge. Als ich sie darauf ansprach, erzählte sie mir zum ersten Mal, was bisher niemand von ihr wusste: Sie war beinahe blind auf dem linken Auge. Das war für mich so faszinierend, dass ich unbedingt tiefer in die vedische Astrologie eintauchen wollte. Seitdem kann ich gar nicht beschreiben, wie viel Unglaubliches während Beratungen geschehen kann, besonders im Hinblick auf solch scheinbar kleine Aspekte der Deutung. Was ich jedoch ganz klar sagen kann: Unser Horoskop wurde erstellt zum Zeitpunkt unserer Geburt, eigentlich wissen wir alles. Aber häufig leben wir nur einen Teilaspekt dessen und daher ist es hilfreich, gewisse Dinge nochmals von außen zu hören.

Liebe Sheila, Ich danke dir herzlich für diesen interessanten Einblick und das spannende Interview.

 

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