Zeit als wertvolles Gut

Bevor unsere Welt auf die Pausetaste gedrückt hat, entstand unten stehender Artikel. Aus einem Gefühl heraus, die Zeit laufe uns davon und wir können in unserer immer schneller werdenden Welt keine Ruhe mehr finden. Innerhalb von ein paar Wochen hat sich nun alles verändert. Ich lade euch ein, mit mir eine kleine Reise in die Zeit vor Corona zu machen.

Zeit - Mindfulness

 

„Kaum hat das Jahr begonnen, ist es fast schon wieder um.“ Bei diesen Gedanken erwische ich mich immer wieder. Kann es sein, dass die Zeit immer schneller vergeht? Das Leben einfach an uns vorbeizieht?

Im norwegischen Parlament hat sich die Sprechgeschwindigkeit zwischen 1945 und 1995 um 50 % erhöht. In Städten wird in den letzten 15 Jahren im Schnitt 10 % schneller gelaufen, in Singapur sogar 30 %, wie kürzlich in einer Reportage des Bayrischen Rundfunks berichtet wurde.

Gleichzeitig erwacht in vielen Menschen immer mehr der Wunsch nach Ruhe, Entspannung und letztendlich mehr Zeit. Achtsamkeitskurse werden gestürmt, nicht nur in großen Firmen.  Auch außerhalb der Arbeitswelt suchen viele nach Entschleunigung und Entspannung. Das Wort Mindfulness erzielt in Google mehr als 230 Millionen Suchergebnisse.

Können wir noch Ruhe finden?

Wie lässt sich dieser Wunsch nach mehr Ruhe mit unserem modernen Leben vereinen, in dem es immer mehr um Effizienz und Produktivität geht, statt um Entspannung? Ist es in Unternehmen überhaupt gewünscht, sich ab und zu mehr Zeit zu nehmen, gemütlich zu sein und es ruhig angehen zu lassen?

Auch in meinem unmittelbaren Umfeld nehme ich diese Veränderungen wahr und bemerke, wie wir vermehrt versuchen, durch Schnelligkeit Zeit einzusparen, um mehr erledigen zu können. Wir sprechen von „Multitasking“, jeder macht 10 Dinge gleichzeitig, beantwortet E-Mails beim Telefonieren und isst an seinem Schreibtisch, während er weiterarbeitet. Eine Sache nach der anderen zu erledigen, ist uns fast schon unbekannt und „out“.

Was sind die Auswirkungen auf Beruf und Leben?

Stress, sowie körperliche Beschwerden wie Rückenprobleme, Verdauungsbeschwerden oder Schlafstörungen verbreiten sich immer mehr. Unternehmen büßen teils drastische Gewinne ein aufgrund der erhöhten Abwesenheitsmeldungen, aber auch, da deren Mitarbeiter weniger produktiv sind.

Zeit einzusparen durch Schnelligkeit geht nämlich oft nach hinten los, wie eine Studie der Michigan State University herausgefunden hat. So verringert sich die Leistungsfähigkeit des Gehirns um 20 bis 40 %, wenn wir mehrere Dinge gleichzeitig erledigen.

Unser Körper und Geist arbeiten nachweislich produktiver, wenn wir für einige Zeit fokussiert an einer Aufgabe arbeiten und unsere volle Aufmerksamkeit darauf richten. Denn schon bei einer 3-sekündigen Unterbrechung, verdoppelt sich unsere Fehlerquote, wie oben besagte Studie belegt. Regelmäßige Pausen und Erholungsphasen sind ebenso wichtig für eine gute Arbeitsleistung und für unsere Gesundheit.

Eigentlich läuft uns die Zeit gar nicht davon. Wir können sie sogar etwas verlangsamen, wenn wir mehr Ruhe und Entspannung in unser Leben und auch in unser Arbeiten bringen. Die Frage stellt sich dabei: Kann jeder Einzelne von uns hier seinen Beitrag leisten, indem wir einfach mal wieder etwas langsamer machen und somit die Zeit ausdehnen? Oder braucht es dazu eine Anpassung unserer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Struktur, die diese Veränderungen ermöglicht? Wenn wir nur uns selbst verlangsamen, läuft dann die Welt einfach in schnellem Schritte an uns vorbei oder können wir gemeinsam die Zeit zur Ruhe bringen?

Einige Wochen später

Nun kam die Anpassung unserer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Struktur wie über Nacht. Mit sich brachte sie mehr Zeit und Ruhe. Ich höre aus meinem unmittelbaren Umfeld, in dem alle von zu Hause arbeiten, wie auf einmal mittags ein Spaziergang unternommen wird, anstatt vor dem Bildschirm zu essen. Die Flexibilität erlaubt es sogar, während der Arbeitszeit virtuelle Sport-Einheiten zu absolvieren. Es wird nicht mehr um Produktivität miteinander konkurriert, sondern um kreative Ideen, das Wohlbefinden zu steigern. Firmen sorgen sich um das Wohlergehen der Mitarbeiter und veranstalten Schulungen zur mentalen und physischen Gesundheit. Es wird nicht mehr auf Teufel-komm-raus Schnelligkeit und Produktivität gefördert, sondern der Mensch steht wieder im Vordergrund.

Teilweise haben wir nun so viel Zeit, dass wir gar nicht mehr wissen wohin damit. Nachdem alle Netflix-Serien angesehen wurden, bestellen wir die Online Shops leer mit Strick-, Mal-, oder Sportequipment, um Langeweile zu verhindern. Vor ein paar Wochen noch wünschte sich jeder von uns mehr Zeit, die einfach nirgends zu finden war. Nun hat sie sich über Nacht vermehrt. Wir haben ein kostbares Geschenk erhalten.

Die Frage stellt sich, wie wird unsere Welt aussehen, wenn die neue Normalität eingekehrt ist, von der noch niemand weiß, wie sie aussehen wird. Werden wir diese Entschleunigung mitnehmen? Die neugefundene Zeit und Ruhe zu schätzen wissen? Oder diesen kleinen Einblick - in eine andere Art des Lebens -einfach wieder vergessen?

 

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